Santa Cruz und Umgebung
- Selma Pißler
- 20. Juni 2022
- 4 Min. Lesezeit
Diese und nächste Woche habe ich mir Urlaub genommen, da ich mir mit acht Urlaubstagen vierzehn Tage freinehmen konnte: Donnerstag war Fronleichnam und nächsten Dienstag ist auch ein Feiertag. Letzte Woche ging es nach Santa Cruz und morgen geht es nach Rurrenabaque - einer Stadt im Departamento Beni, von der aus man Touren in den Nationalpark Madidi unternehmen kann.
Am Sonntag sind wir morgens um acht Uhr in Santa Cruz angekommen und haben uns einen ersten Eindruck von Santa Cruz verschafft. Die erste Erkenntnis war, dass Sonntag ein sehr schlechter Tag ist, um anzukommen. Denn alle Tourunternehmen hatten ihre Büros geschlossen und wir erhofften uns, die Ausflüge der nächsten Tage am Sonntag zu buchen, um am Montag direkt mit der ersten Tour oder dem ersten Ausflug zu starten und auf diese Weise die Zeit in Santa Cruz möglichst effizient zu nutzen. Daraus wurde nichts und wir verbrachten nicht nur den Sonntag sondern auch Montag in der Stadt.
In diesen zwei Tagen haben wir einige Kunstausstellungen besucht, die alle kostenlos zugänglich und sehr interessant waren. Im Manzana 1 gab es Plakate zur Corona-Pandemie und Werbeplakate aus verschiedenen Ländern, wobei Deutschland krass überproportional vertreten war.


Eine weitere lustige Begebenheit war die Spontandemonstration, der wir am Montag auf dem Hauptplatz beiwohnen durften, weil die Wiphala dort aufgehangen wurde.
Die Wiphala ist mit der rot-gelb-grünen Fahne Boliviens die zweite offizielle Landesfahne und weht an allen Regierungsgebäuden. In La Paz als sehr andine und dadurch indigene Metropole ist die Wiphala omnipräsent und weht auch an Straßenlaternen und auf allen Protestmärschen.
In Santa Cruz ist das jedoch ganz augenscheinlich anders. Hier wurde am Montag die Wiphala neben der rot-gelb-grünen Flagge, der Flagge des Departamento Santa Cruz und einer weißen Flagge auf dem zentralen Platz aufgehangen und von Polizisten beschützt. Weshalb wurde einige Minuten später klar, als eine Frau stehen blieb und anfing, herumzumeckern. Das führte dazu, dass sich einige Menschen dazustellten und ebenfalls ihre Meinung laut kundtaten und forderten, die Wiphala unverzüglich herunterzunehmen. Es sei eine Schande, dass die Polizei sich dafür einsetze. Rot, Gelb, Grün repräsentiere alle Bolivianer:innen. Die Wiphala diskriminiere den Großteil der bolivianischen Gesellschaft, die sich als nicht indigen identifizieren. Die Wiphala repräsentiere nur La Paz. Ja, sie sei nur die Flagge La Paz'. Als in La Paz sozialisierte und auch sonst für diskriminierte Minderheiten sensibilisierte Person denke ich nicht, dass ich meine Position benennen muss. Ich fand es allerdings sehr unterhaltsam, zuzuschauen und denke nicht negativ über die Versammlung, da die Menschen nicht gewaltsam geworden sind und versucht haben, die Wiphala herunterzuholen. Die Atmosphäre glich der einer Dorfsversammlung, auf der alle ihre Meinung kundgetan haben und es zweitrangig war, ob daraus etwas resultierte oder ob ihre Worte überhaupt bei der gegnerischen Partei ankamen, denn die Polizistinnen zeigten sich ziemlich teilnahmslos.

Am Dienstag fuhren wir dann mit einem Trufi in Richtung Samaipata und stiegen ein wenig früher aus, um den Tag über im Nationalpark Amboro wandern zu gehen. Allerdings verbrachten wir nur den halben Tag dort, da man 45 US-Dollar Eintritt bezahlen musste, was uns zu viel war. So fuhren wir schon nachmittags weiter nach Samaipata - einer Kleinstadt, von der aus man Ausflüge zu Wasserfällen und einer Inka-Ruine unternehmen kann. Wir blieben für eine Nacht, besichtigten am Dienstagmorgen die Inka-Ruine und am frühen Nachmittag besuchten wir die Wasserfälle, wo wir eine Stunde baden waren. Danach ging es zurück nach Santa Cruz.

Die Inka-Ruine wurde schon in der Prä-Inkazeit von den damals dort lebenden Indigenen als spirituelles Zentrum verwendet. Sie besteht aus einem riesigen zusammenhängenden Stein auf einem Hügel, der vermutlich bereits vorhanden war. In diesem Stein sieht man neben der typischen Baukunst der Inka auch ältere Spuren menschlicher Nutzung. Zum Beispiel gibt es neben doppeltürigen Nischen für Sargopharge oder ähnlichem auch einfache Nischen. Besonders überrascht hat mich, zu erfahren, dass einige Stämme in der Prä-Inkazeit die Schädel des Häuptling-Nachwuchs mithilfe von "Mützen" deformiert haben, sodass klar war, wer der König ist.


Am Donnerstag war unser freier Tag geplant, den wir am Pool und in Santa Cruz verbringen wollten. Ein Ziel war der Ökopark Güembe. Dieser Park ist wirklich wundervoll, denn er bietet alles. Es gibt Schwimmbecken und die Möglichkeit zu Kayaken oder zu Minigolfen. Zudem gibt es Skulpturen, einen Schmetterlingspark, eine Voliere, ein Terrarium, freilaufende Äffchen, einen Tapir, ein Nandu und rehähnliche Tiere. Da wir ab 15 Uhr da waren kostete der Eintritt nur 50 Bolivianos und alle Aktivitäten waren inklusive. Wieder fand ich die Masse an Grünem erfrischend und erholend.
Am Freitag machten wir einen Ausflug nach San José de Chiquitania - einer Kleinstadt mit einer ehemaligen Jesuitenmissionskirche. In der Nähe von Santa Cruz gibt es sechs solcher ehemaligen Missionskirchen, zu denen man auch eine Tour buchen kann, bei der man an allen vorbeikommt. Allerdings wird gesagt, dass San José die touristisch am besten aufbereitete Missionskirche ist, weshalb wir uns für sie entschieden haben. Die Fahrt war mit jeweils vier Stunden allerdings viel zu lang für das, was man am Ende besichtigen konnte. Trotzdem war die Kirche super schön und man hat viel über die Jesuiten-Kultur, die Nutzung der Kirchen und Gemeinden, die Resonanz sowohl bei den indigenen als auch bei der spanischen Kirche und die heutige selbstauferlegte Aufgabe erfahren können. Mir hat besonders die Kirche mit ihrem Holzdachgebälk und ihrer beeindruckenden Orgel und die Wandgemälde in dem Anbau gefallen. In den Missionen verschmalz westliche Kultur mit indigener, da die Jesuiten neben dem Priesterdasein mehrere Berufe gelernt haben mussten, die sie an die indigenen weitergaben. Auf diese Weise entstand die Orgel und diverse Musikinstrumente, auf denen eine eigene Musikrichtung geschaffen wurde, die westliche Musik mit indigenen Klängen verband. Dies lebt einmal im Jahr bei einem Fest zu ehren der Missionen auf. Leider werde ich zu dem Zeitpunkt nicht mehr in Bolivien sein.
Und am Samstag war mit den Sanddünen der krönende Abschluss, bevor wir abends abreisen. Dort kann man nämlich mit einer Art Snowboard die Dünen hinunterbrettern. Für diese Aktivität trafen wir uns mit vier anderen Freiwilligen, die Oskar aus La Paz kannte und die am Abend vorher in Santa Cruz ankamen.

Die Bilder in dem Blogbeitrag sind vor allem von Jule und ihrer Kamera. Jule hat auch einen sehr lesenswerten Blog, der auch optisch sehr viel schöner ist als meiner. Ihr findet ihn unter https://julemueller2002.wixsite.com/juleinbolivien .

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