Eine volle Woche
- Selma Pißler
- 6. Feb. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. März 2022
Das Schöne hier ist, dass man am Wochenende noch nicht weiß, was die kommende Woche bringen wird. Manchmal weiß man nicht einmal morgens, was man am Tag letztendlich tun wird. Dafür muss man natürlich flexibel und offen für spontane Aktionen sein. Und da bringt es schon viel, dass ich unter der Woche nicht viel Programm habe, außer zur Arbeit zu gehen.
Am Dienstag hatten wir im Projekt den ersten Coronafall unter den Mitarbeiter:innen - die Kinder kommen erst am 14.02. Das ist insofern bedenklich, da wir jeden Tag zusammen (mit Abstand aber ohne Maske) frühstücken und Mittag essen und uns da zum Teil ein wenig nahe kommen. Und am Mittwoch hat sich eine weitere Mitarbeiterin positiv getestet.
Am Dienstag bin ich nach der Arbeit mit den anderen Mitarbeiter:innen zu einer "Beerdingung" gegangen, da die Frau eines Mitarbeiters der Stiftung verstorben ist. Es war aber eher ein Gedenken, da es in einer "Funeraria" und nicht auf dem Friedhof stattfand. Das Ganze hat mich mehr mitgenommen, als ich es gedacht habe, da ich weder den Kollegen noch seine Ehefrau kannte. Aber die Familie, der wir beim Kommen und beim Gehen die Hand geschüttelt haben, war so unglaublich traurig und litt sehr. Im Prinzip saßen wir still in einem Raum mit dem Sarg, einem Foto und den mitgebrachten Blumengestecken und von Zeit und Zeit ging jemand nach vorne, sagte ein paar Worte und wir beteten das Vaterunser, das Ave Maria, und das Gloria - diese Gebete braucht man hier sehr häufig, sodass ich mir am Dienstag vorgenommen habe, sie auswendig zu lernen. Denn dadurch lernt man auch ein wenig Spanisch. Und irgendwann bin ich mit den anderen gegangen, während andere kamen und gingen. Die Familienangehörigen scheinen also den ganzen Tag da gewesen zu sein und man konnte kommen und gehen.
Am Mittwoch war ich vormittags mit einer Kollegin in drei Schulen und habe bei der Direktion Flyer abgegeben und Plakate an die Tore geklebt, die darauf aufmerksam machen, dass man seine Kinder ab jetzt bei uns anmelden kann. Dadurch habe ich eine bolivianische Schule von innen gesehen und auch gesehen, dass die Schüler:innen hier Uniformen tragen.
Nachmittags hatte ich dann meine zweite Spanischstunde, die jedoch über Skype stattfand. Ab nächster Woche soll der Unterricht jedoch in Präsenz bei uns zu Hause stattfinden. Der Spanischunterricht ist sehr unterhaltsam, da die Spanischlehrerin sehr lieb und herzlich ist. Allerdings behaupte ich mal, dass ich immer noch mehr Spanisch während der Arbeit lerne. Nichtsdestotrotz bin ich sehr froh, dass das jetzt endlich geklappt hat, da mir noch ein wenig die Grammatik fehlt.

Am Donnerstag war ich ab 16 Uhr auf einer "Babyshower". Das scheint eine Tradition in Bolivien zu sein, bei der eine hochschwangere Frau im Mittelpunkt steht. In der Stiftung werden vor allem Spiele gespielt. Jeder bringt ein Geschenk für das zukünftige Baby mit und die künftige Mutter packt sie aus, nachdem sie geraten hat, was unter dem Geschenkpapier ist. Das Geschenkpapier legt sie auf einen Stuhl neben sich. Nachdem sie die Geschenke ausgepackt hat, ruft sie nacheinander alle junge Menschen (ohne Kinder) nach vorne. Diese werden - so dem Glauben nach - in diesem Jahr Mutter oder Vater. Während ich dies gelassen genommen habe und mich auf den Stuhl gesetzt habe, hat die Kollegin, mit der ich zusammen dort war, einen Aufstand gemacht und gesagt, dass ich nicht Mutter werden darf, weil ich noch Karriere und alles machen soll. Als ich nach Hause kam, hatte ich einen verpassten Anruf einer anderen Kollegin, die kurz nachdem ich die Arbeit verlassen hatte angerufen hat, um zu sagen, dass ich mich unter keinen Umständen auf den Stuhl mit Geschenkpapier setzen soll.
Die Mitarbeiter:innen in meinem Projekt sind so fürsorglich und herzlich zu mir, dass ich sehr gerne arbeite und sehr viel Spaß auf der Arbeit.

Und am Freitag war ich mit den anderen Freiwilligen und Alfredo- dem Vizechef der Stiftung - in Chuquiñapi. Wir machen nämlich jeden ersten Freitag im Monat einen "kulturellen Tag" mit Meeting über unsere Arbeit als Freiwillige. Chuquiñapi ist ein kleines Dorf am Titikakasee. Es ist wunderschön außerhalb von La Paz: So viel grün und Landschaft. Es ist sehr idyllisch ohne Massentierhaltung. Die Tiere stehen angepflockt neben den Häusern und neben der Straße.
Welche Fischarten git es in diesem See, liebe Selma?